Theorie-Input zu den „Bozkurtçular“ oder der „Ülkücü“ – Bewegung
Geschichte und politischer Einfluss in der Türkei
- Türkischer Rechtsextremismus / Turanismus im Osmanischen Reich des 19. Jahrhunderts
- Ab 1912 Jungtürkische Regierung erhebt Panturkismus und Turanismus zur Staatsdoktrin (à Armenischer Genozid auch unter deutscher Beteiligung)
- Ab 1933 Enge Verbindungen der Nazis mit den türkischen Faschisten* (u.a. Ideologische Verbundenheit und starke wirtschaftliche Zusammenarbeit)
- Ab 1934 kam es zu Pogromen gegen jüdische Bevölkerung in der Türkei
- 1944 „Rassismus-Turanismus-Verfahren“ (u.a. Alparslan Türkeş)
- Zu Beginn des Kalten Krieges: Freilassung vieler Turanisten* und stärkere Verfolgung türkischer Linker und Kommunist:innen
- 1968 Ausbildung von „Kommandoangehörigen“ zur „Eroberung der Straßen“ durch die Partei CKMP (Republikanische Nationale Bauernpartei)
- 1969 Umbenennung der CKMP in MHP (Nationalistische Bewegungspartei) durch Alparslan Türkeş
- 1970-1980 Unterstützung der Militäroffensive gegen die PKK als paramilitärischer Arm à Zahlreiche Anschläge und Morde an Sozialist:innen, Gewerkschafter:innen, Studierende, Lehrkräfte, Wissenschaftler:innen, kurdische Politiker:innen, Alevit:innen und ein Attentat auf Papst Johannes Paul II.
- 1975 Alparslan Türkeş wird stellvertretender Ministerpräsident der Türkei
- 1980 gescheiterter Militärputsch
- 1980 Verbot der MHP nach Militärputsch am 12. September
- 1992 Ende des Verbots der MHP
- 1993 Spaltung der MHP und Gründung der BBP (Große Einheitspartei)
- 2018 Allianz mit der AKP für die Parlamentswahlen
- Aktuell (aber unbestätigt): Mutmaßliche strukturelle Zusammenarbeit und Finanzierung der Grauen Wölfe durch den Türkischen Geheimdienst
* Männliche Form, da Frauen politische Arbeit verboten war und somit keine Aussagen über den nicht-männlichen oder nicht-binären Anteil der Bewegung möglich sind; selbes gilt bei „Turanisten“, gleichwohl politische Einstellungen geschlechtsunabhängig gestaltet sind
Ideologie der Grauen Wölfe
- Panturkismus / Turanismus bzw. „Idealismus“: rassistische, historische und moralische Einheit und Überlegenheit aller Turkvölker, von Afghanistan/China bis zum Südostzipfel des Balkans
- Gleichberechtigung verschiedener Nationalitäten, Ethnien und Religionen von vornherein ausgeschlossen
- NS-Sympathien und ideologische Verbundenheit
- Führerkult (Başbuğ) innerhalb der Bewegung
- Offenes Bekenntnis zu Rassismus gegenüber Kurd:innen, Armenier:innen und Jud:innen
- Alparslan Türkeş‘ drei Stufen: a) Eroberung der Straßen b) Eroberung des Staates c) Eroberung des Parlaments
- Türkeş‘ Neun-Lichter-Doktrin (Dokuz Işık): „Nationalismus, Idealismus, Ehrgefühl, Wissenschaft, Einheit, Bauernschaft, Freiheit und Selbstständigkeit“ (Diktion und Inhalt der Doktrin erinnern an Hitlers ‚Mein Kampf‘)
- Vereinigung von extremen Nationalismus und islamischer Frömmigkeit
- Starker Antifeminismus (Anschläge besonders auf Frauen und Kinder als „Kriegswaffe“)
- Mobilisierung des „Europäischen Türkentums“
- Einflussgewinnung in deutschen und europäischen Parlamenten durch Entrismus und Lobbyismus (Belege bei Bündnis 90/die Grünen und SPD)