Wir haben uns aufgelöst!

Wir lösen uns auf! Warum ist das für uns auch ein hoffnungsvoller Schritt? Warum löst sich eine der größten und aktivsten Gruppen Freiburgs schlagartig auf? Das wollen wir euch erklären.
Wir lösen uns auf, da wir unsere Selbstkritik ernstnehmen.
Wir entwickelten uns im AK79 weiter: zunächst bekannten wir uns zum Sozialismus und entwickelten eine pro-palästinensische Ausrichtung – Entscheidungen, die wir nicht bereuen. Wir überlegten, wie wir unsere Ziele erreichen und mussten schlussfolgern, dass wir in unserer Arbeit limitiert sind und die Antworten auf die Frage „Was tun?“ verschieden waren. Später wollten wir einen Fokus auf Massenarbeit legen – eine Entwicklung, die nicht von allen getragen wurde und nicht ermöglichte, verschiedene Strömungen zu inkludieren.

Dieser Prozess war für uns kein einfacher, verlangte uns viel ab, trennte unsere Wege und führte zu persönlichen Brüchen. Mit diesem Aufbruch zerbricht auch ein
Kollektiv.
Die Selbstkritik aber ergab, dass nicht unsere einzelnen Aktionen falsch sind, sondern das Konzept Antifa, so wie es heute ist, vielen nicht mehr sinnvoll scheint.
Gerade unsere Auseinandersetzung mit der Geschichte „der Antifa“ in Deutschland ließ uns schlussfolgern: Die Antifaschistische Aktion war nur ein Arm der Kommunistischen Partei Deutschlands. Heute haben wir einen halbtoten Arm und keinen Körper mehr, das wollen wir nun ändern! Das bedeutet kein Ende, das bedeutet Aufbruch! Der erste Schritt dabei war für einige von uns der Wechsel in andere Strukturen. Wir haben Hoffnung, damit die historischen Schwächen der Antifa zu überwinden.

Sicherlich sind einige von euch selbst in Antifa-Gruppen aktiv. Daher wollen wir euch unsere Kritik an dem Konzept Antifa erklären, die Selbstkritik schildern, die wir an uns übten.

Die Situation der Antifa heute ist geprägt durch Limitation. Diese Limitation zeigt sich auf allen Ebenen, wir wollen euch Beispiele nennen:
Generationslimitation, Limitation durch Lokalität, Limitation durch Struktur, Limitation durch Ideologie, Limitation der Radikalität.
Zunächst mussten wir feststellen, dass wir zwar generationsübergreifend arbeiteten und Menschen sich ‚Bei uns organisierten, das Konzept Antifa aber imme? wieder auf eine Altersgruppe zurückfällt. Schuld daran sind Organisierungs- und Aktionsformen, sowie eine
Steifheit der Antifa-Arbeit, die sich schwer auf Bedürfnisse von unseren Klassengeschwistern wie beispielsweise Rentner:innen oder Eltern anpasst. Durch die mangelnde Generationsvielfalt gehen Informationen verloren und Antifaschist:innen müssen sich ständig neues Wissen erarbeiten, anstattes langfristig weiterzugeben.

Hinzu kommt eine Limitation durch die Lokalität vieler Antifa-Gruppen. Auch wir überlegten daher, uns größeren Bündnissen anzuschließen, unsere Ideen und Kämpfe nicht an Freiburgs Grenzen enden zu lassen. Allerdings merkten wir schnell, dass das Konzept Antifa für sinnvolle Bundesstrukturen ungeeignet ist, da eine reine Feuerwehrpolitik sich nicht bundesweit strukturieren lässt.

Verstärkt wird dieser Effekt durch die allgemeine Limitation unserer Struktur: Genoss:innen konnten aus unserer offenen Arbeit bei Unterforderung nicht in andere
Ebenen
wechseln, sie wurden ohnmächtig und
kleingehalten, sie hielten damit auch andere von weiteren Schritten ab:
wir limitierten uns an uns selbst.

Das liegt auch an der Ideologie der Antifa: selbst als überzeugte Antikapitalist:innen arbeiteten wir ohne Strategie und konnten dabei nicht beobachten, taktische Ziele erreicht zu haben. Wir sehen den Kampf gegen Faschist:innen immer noch als unsere Aufgabe, sind aber überzeugt, dass der Faschismus durch das Konzept Antifa nicht verhindert werden kann. Denn letztendlich fehlt es Antifa an Radikalität: Wir greifen das System damit nicht ausreichend an und wir kassieren Repressionen, die in keinem Verhältnis zur Wirkung unserer Arbeit stehen. Dabei ruhen wir uns auf der Vorstellung aus, revolutionär zu sein, ohne eine Revolution zu erarbeiten – es war ein im Kreis drehen.
Stattdessen brauchen wir eine ehrliche antikapitalistische Arbeit, um dem Faschismus seine Basis zu entreißen.

Diese Arbeit muss massenverankert, ideologisch und strategisch durchdacht überall in unserer Gesellschaft und der gesamten Welt geschehen, nicht allein in Studierendenkreisen, nicht allein in linken Subkulturen.
Den eigenen Kampf auf den Kampf gegen Faschist:innen zu limitieren, bedeutet sich wegzuducken, wegzuschauen und den revolutionären Optimismus zu verlieren. Es bedeutet, sich nicht zu trauen, diesem System ernsthaft eine Bedrohung zu werden, es bedeutet Bich selbst auf einem Kampf auszuruhen, es sic bequem zu machen, anstatt die Schritte zu gehen die es braucht: Antifa ist nicht radikal genug, Antifa ist eine Symptombekämpfung. Doch wir wollen an die Wurzel, wir wollen eine Organisation aufbauen, die nicht Symptome, sondern Systeme bekämpft, die eine Frauenrevolution erkämpft und den Sozialismus errichtet.

Im Konzept Antifa machten wir uns etwas vor, wir konzentrierten uns auf AfD-Stimmen, auf Demons-trationen,
auf Recherche und Bündnisse.
Wir konzentrierten uns nicht darauf, unsere Persönlichkeit zu revolutionieren, nicht darauf eine Strategie zu entwickeln, nach der wir unsere Arbeit ausrichten, nicht darauf eine Kampforganisation gegen den Kapitalismus zu entwickeln. Wir scheuten schlicht einer wirklichen Massenarbeit, einem wirklichen Aufbau des Kampfes
Bach einer neuen Welt.
Wir verabschieden uns von diesem Konzept, aber niemals von dem Widerstand, von dem Willen zur Revolution!
Denn genau darum geht es uns schlussendlich: wir wollen revolutionäre Arbeit leisten, wir wollen den Kampf beginnen, um die Ausbeutung des Menschen durch den
Menschen zu beenden.

Dabei mussten wir ehrlich zu uns sein: wir können Antifa nicht generalüberholen, wir können die Arbeit nicht einfach erweitern, wir können Antifa nur überwinden!
Wir laden euch und alle in unserem
Kampf Verbundenen dazu ein, weiterhin zu uns Kontakt zu suchen, um mehr über unsere
Kritik zu erfahren, um sich
gemeinsam Brüche und Schritte zu trauen:
wir wagen wir den Aufbruch!
Organisiert euch!


Unser Selbstverständnis

Der Antifaschistische Konsens Freiburg (AK79) ist eine offene Gruppe, die versucht, unabhängig von verschiedensten linken Theorien zu arbeiten. Wir berufen uns auf eine Gemeinsamkeit: Wir sind alle Antifaschist*innen! Differenzen, die vielleicht einige linke Ansichten haben, wollen wir als gewinnbringend betrachten und aus unterschiedlichsten Perspektiven voneinander lernen. Wir wollen aus verschiedensten Herangehensweisen eine Strategie entwickeln und von unseren Unterschieden profitieren.

Dabei ist es ganz egal, wie viel Vorwissen mitgebracht wird: Jede*r ist bei uns willkommen! Solltest du also schon aktiv sein, oder noch nie im Bereich linker Politik tätig gewesen sein, spielt das keine Rolle! Schau einfach mal bei einem unserer Treffen vorbei! Und unterstütze mit uns den Kampf gegen Rechts in einer offenen Gruppe, die zugleich ein Zusammenschluss ist: wir arbeiten gruppenübergreifend gegen faschistische Umtriebe. Kooperation mit anderen linken Projekten in Freiburg, aber auch außerhalb ist uns wichtig. Dabei sind wir überzeugt feministisch, antikapitalistisch, antirassistisch, queersolidarisch und natürlich antifaschistisch. Aber auch repressionsvorbeugend: Wir wollen dir ermöglich bei uns aktiv zu sein, auch wenn dein Bleiberecht oder deine persönlichen Grenzen mit antifaschistischer Arbeit kollidieren könnten – gemeinsam finden wir eine Lösung! Bis bald!

Unsere Ziele:

  • eine Anlaufstelle für neue Politik-Interessierte ermöglichen
  • mit antifaschistischen Gruppen in und um Freiburg arbeiten – ihre Veranstaltungen supporten und eine Zusammenarbeit unabhängig von Ausrichtungen ermöglichen
  • eigene Projekte gestalten
  • Recherche zu faschistischen Umtrieben
  • Bündnisarbeit im Raum Süddeutschland
  • einen neutralen Raum für antifaschistischen Austausch bieten